JOHANNES-RAU-GYMNASIUM Kabarettungsdienst präsentiert sich bissig und überzeugend.
Von Paddy Schmidt
„Ruhig Justin, jetzt schrei hier nicht über den Strand, sonst denken die noch wir wären Engländer.“ So hörte sich es auszugsweise an, das 15. Programm des Kabarettungsdienstes. Vor weit mehr als hundert Zuschauern präsentierten die elf Schüler der Johannes-Rau-Gymnasiums ein bissiges und überzeugendes vorgetragenes Programm zu aktuellen Themen. Seien es die Killerspieldebatte, berufstätige Mütter oder deutsche Tornadoeinsätze in Afghanistan – das Schülerkabarett ließ sich nicht stoppen.
Nach einer musikalischen Vorstellung der folgenden Themen startete der Kabarettungsdienst mit der Premiere seines 15. Programms „Prima Klima“ in der Aula der Ganstagsgymnasiums Johannes Rau augenblicklich voll durch: Eine Gruppe Touristen entdecken am Strand ein Flüchtlingsboot aus Afrika, erkennt es aber nicht als solches und rätselt im Folgenden, was die Neuankömmlinge wohl vorhaben könnten. Denn: „So wie die aussehen, sollten sie ihren Veranstalter verklagen.“
Das von Lisa Longo vorgetragene „Diät-Lied“ erinnert gar an die Qualitäten einer Dörte aus Heckinghausen. Nicht nur das Publikum, das lauthals nach einer Zugabe rief, war am Ende des Abends zufrieden, auch die Schauspieler freuen sich. Michael Kemna: „Es ist zwar ein sehr zeitaufwändiges Hobby, aber es macht doppelt Spaß, von der Entwicklung bis zum fertigen Produkt dabei zu sein.“
Der Kabarettungsdienst ist inzwischen eine feste Institution in Wuppertal. Lehrer Michael Brischke unterrichtet an dem Gymnasium und leitet dort schon seit 1993 die Kabarett-Truppe. Alle Texte werden unter seiner Regie von den Schülern selbstständig verfasst und einstudiert. Die Besetzung des Kabarettungsdienstes wechselt im Laufe der Jahre. Bei dem aktuellen Programm spielt auch ein Ehemaliger mit. Jasper Elbers steht das vierte Jahr in Folge auf der Bühne. Er hat gerade sein Abitur bestanden, konnte sich aber nicht vom Kabarettungsdienst losreißen.
@ www.kabarettungsdienst.de
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal, 11.9.2007
Schüler unterstützen das TiC
Als die Kabarettgruppe des Johannes-Rau-Gymnasiums von der Insolvenz des TiC hörte, entschlossen sich die Schüler spontan, zu helfen: Sie werden die beiden geplanten Aufführungen ihres Programms „Prima Klima!“ (Premiere ist am 8. September) im TiC am 16. und 30. Oktober ohne Gage durchführen. So wollen sie ein Zeichen für die Unterstützung des Theaters setzen. Michael Brischke, Leiter des „Kabarettungsdienstes“ überbrachte die gute Nachricht Ronald Stürzebecher vom TiC. Alle Termine von „Prima Klima“ gibt es im Netz unter
www.kabarettungsdienst.de und www.tic4u.de.
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 14.8.2007
ZeltZeit in Ratingen: Nachwuchs mit Biss und Grips
Geschliffene Pointen und politischer Feinsinn – Schülerkabarett auf höchstem Niveau bot das erste Schülerkabarettfestival in NRW.
Ratingen. Bei so viel starkem Nachwuchs ist selbst Wilfried Schmickler begeistert – und der weiß, wovon er redet: Der Kabarettist (etwa bei den WDR Mitternachtsspitzen) präsentierte am Wochenende im Rahmen der ZeltZeit das erste Schülerkabarettfestival in NRW.
Damit erfüllte sich zum zehnjährigen Jubiläum der ZeltZeit ein lang gehegter Wunsch der Organisatoren Heiner van Schwamen und Bruno Schmitz. Die Ratinger Jung-Kabarettisten „Westhäkchen“ und vier weitere Gruppen aus der Umgebung spielten Ausschnitte aus ihren Programmen und zeigten , wie vielseitig ihr Genre doch sein kann.
Den Auftakt machte der „Kabarettungsdienst“ aus Wuppertal. Die Truppe sah den wirtschaftlichen Aufschwung nicht nur auf Deutschland zukommen – er trat sogar höchst selbst auf und trällerte ein äußerst spitzes Lied gegen das momentane Credo „Nicht kaufen – konsumieren, nicht brauchen – verbrauchen!“ Auch sonst gaben die Wuppertaler sich musikalisch und spielten – ganz im Stile Brechts – die „Ballade von der Durchlässigkeit“ als Beitrag zur Bildungsdebatte.
Von harmlosem, groteskem Wortwitz bis zu bissiger Polit-Satire
Ganz anders ging es beim Kaiserswerther „Avocadomousse“ zu. Mit ihrem grotesken Wortwitz erinnerten die Szenen bisweilen an Loriot oder Monty Python. Das war sehr gut gespielt und inszeniert, politischen Zündstoff suchte man allerdings vergeblich.
Das war eher das Gebiet von „Schillers Gallensteinen“. Die Kölner widmeten sich in vielen Facetten dem Kampf der Kulturen, erklärten die islamische Weltanschauung, das iranische Atomprogramm und kamen zu überraschenden Erkenntnissen: „Die Chinesen haben genau so viele Menschenrechte wie die Deutschen, die verteilen sich nur auf mehr Leute.“ Bissig, respektlos und voller uriger Typen überzeugte der harte Konfrontationskurs der Gruppe.
Die Lokalmatadore von den „Westhäkchen“ übten harsche Gesellschaftskritik, jedoch nicht ohne Selbstironie. In einer nicht allzu fernen Zukunft sahen sie weite Teile der Bevölkerung – „Hartz VIII“- Empfänger – in einer virtuellen Parallelwelt bei Laune gehalten, ähnlich wie im Science-Fiction-Reißer „Matrix“, hier jedoch freiwillig.
Den Abschluss machten die Essener „Kettwichte“, die mittels Einbürgerungstest einem Deutschen die Staatsbürgerschaft aufgrund mangelnden Grundwissens wieder aberkannten und eine Zukunft voraussahen, in der nicht mehr Neugeborene, sondern Rentner in der Tiefkühltruhe landen.
Eine Erkenntnis konnte das Publikum am Ende des Abends ganz sicher mit nach Hause nehmen: Um die Zukunft des Kabaretts muss man sich keine Sorgen mehr machen.
29.05.2007
Von Mark Cechura
Von Mareike Müller
Benefiz−Konzert Ein Berufskolleg und drei Gymnasien haben einen musikalischen Abend in der Börse gestaltet. Eine gelungene Aktion. Von Mareike Müller
Auf der einen Seite sitzen die Deutschen, auf der anderen die Ausländer. Die Sitzverteilung in ihrer Mensa, die die Schülerinnen des Johannes−Rau−Gymnasiums, Nina Burgmaier und Hannah Dorf , schildern, ist nicht unbedingt ein Beispiel für Ausländerfeindlichkeit; doch es zeigt, dass es noch viel Handlungsbedarf in Sachen Integration gibt. Und nicht nur das: Rassismus, sagt auch Sonja Hoffmann , Landeskoordinatorin der Initiative „Schuleohne Rassismus/Schule mit Courage“, nimmt stetig zu. In Kooperation miteinander veranstalteten die drei Wuppertaler „Schulen ohne Rassismus/Schulen mit Courage“ sowie das Bayreuther Gymnasium ein Benefizkonzert in der Börse.
Erstes Projekt dieser Art seit 60 Jahren
„Seit 60 Jahren hat es nicht mehr ein solches Projekt gegeben, bei dem vier Schulen zusammen gearbeitet haben“, sagt Dirk Rummel . Der Lehrer des Berufskollegs Barmen und dortige Anti−Rassismus−Beauftragte hatte sich vor einem Jahr mit der Else−Lasker−Schüler−Gesamtschule und dem Johannes−Rau−Gymnasium in Verbindung gesetzt, um ein kulturell kunterbuntes Programm auf die Bühne zu bringen. Der internationale Kinderchor der Else sang John Lennons „Imagine“ auf Arabisch, Türkisch, Hebräisch und Englisch und die fünfte Klasse des Ganztagsgymnasiums Johannes Rau zeigte Rassismus mit dem gleichnamigen Stück die rote Karte. Neben südafrikanischem Gospel, deutschen Schlagern und Hip Hop gab es weitere deutliche Worte vom Kabarettungsdienst: „Schublade auf – und rein!“ Der Titel des Kabaretts des Ganztagsgymnasiums Johannes Rau brachte auf den Punkt, was das Engagement und die musikalisch−bunte Veranstaltung bringen sollte: Vorurteile und einseitiges Schubladendenken sind der Ursprung von Rassismus. Über den Dialog, Offenheit und Neugierde können die Menschen mehr Verständnis füreinander aufbringen.
Für die Lehrer und Schüler war das Projekt ein Erfolg, doch ein Wermutstropfen bleibt: Die Besucherzahl in der Börse blieb weit unter den Erwartungen. Rummel zuckt mit den Schultern: Ein Anfang ist gemacht. Der Kontakt unter den Schulen ist hergestellt, und kommendes Jahr wird der Termin vielleicht nicht unbedingt auf ein Wochenende gelegt, das vor lauter Sommerfesten bereits aus den Nähten platzt. Gemeinsam gegen Rassismus: Schüler von vier Wuppertaler Schulen engagierten sich beim Benefizkonzert in der Börse.
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 18.6.2007
KULTUR in WUPPERTAL
Julia Penner: „Gutes Theater lebt von Verletzbarkeit“
Die Schauspielerin, Tochter von Politiker Willfried Penner, wandelt auf den Spuren von Goethe – in Frankfurt.
Wuppertal. „In Berlin habe ich meine Wuppertaler Wurzeln entdeckt.“ Das ist die interessante Aussage einer jungen Frau, die sich mit der Ausbildung an einer angesehenen Berliner Schauspielschule einen Traum erfüllte.
Aber mit „Wat“ und „Dat“ hebt man sich doch angenehm vom Metropolen-Einerlei ab. „Berlin tut weh“, sagt Julia Penner nach vier Jahren dort. Von 2002 bis 2006 wurde sie an der renommierten Ernst-Busch-Hochschule ausgebildet: „Es war wirklich toll, da angenommen zu werden. Ich hatte vorab insgesamt 17-mal vorgesprochen.“
Aber vier Jahre Berlin sollten dann auch reichen. Die Tochter des Wuppertaler Politikers Willfried Penner nahm ein Angebot des Stadttheaters Konstanz wahr, wo sie zur Spielzeiteröffnung 2006 als Grusche in Brechts „Kaukasischem Kreidekreis“ sofort großen Erfolg feierte.
Bühnenluft schnuppert Penner bereits seit der Schulzeit. Mit 14 spielte sie im Wuppertaler Kinder- und Jugendtheater unter der Leitung von Herwig Mark, „meinem Vorbild“, wie die Schauspielerin sagt. Es folgten Auftritte im Theater in Cronenberg (TiC) und mit dem Kabarettungsdienst, der Kabarett-Truppe des Gymnasiums Siegesstraße (heute Ganztagsgymnasium Johannes Rau).
Nach einem Jahr der Selbstfindung in Uruguay stand für Penner fest, dass sie die Schauspielerei professionell ausüben will: „Theater und Literatur haben mich immer fasziniert. Meine Mutter hat auch die Liebe zur Poesie sehr gefördert.“ Heute sagt sie: „Manchmal hasse ich aber auch den Beruf. Es gibt so wahnsinnig viele Eitelkeiten.“
Dann zieht die 25-Jährige auch schon mal in Erwägung, an ihre Workshop-Arbeit in Konstanz anzuknüpfen: „Ich war Assistentin des Jugendtheaterpädagogen und habe Schauspielworkshops für Hauptschülerinnen geleitet. Als Ausgleich könnte ich mir auch die Arbeit als Krankenhaus-Clown vorstellen.“
Ihr soziales Empfinden lebt sie aber auch auf der Bühne aus: „Ich versuche, mich wirklich zu öffnen. Gutes Theater lebt von Großzügigkeit und Verletzbarkeit“, sagt sie. „Ich möchte dem Publikum vermitteln, dass wir den Moment teilen.“
Gutes Theater erhofft sie sich auch von ihrem aktuellen Arbeitgeber, den Städtischen Bühnen Frankfurt. Hier wird sie erstmalig am 28. August in der Premiere der „Wahlverwandtschaften“ ihr Können unter Beweis stellen.
Parallel zu ihrem vorerst zweijährigen Engagement will sich die Wuppertalerin auch um Bewerbungen für Filmproduktionen kümmern: „Irgendwann möchte ich mir mehr aussuchen können, was ich mache. Davon abgesehen wäre eine Rolle in einem Film von Tom Tykwer oder Fatih Akin schon toll!“
www.schauspielfrankfurt.de
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal, 18.08.2007 Von Jörg Degenkolb